Schadensersatz wegen Falschberatung bei Swap-Geschäften

Der Bundesgerichtshof hat am 22.03.2011 –XI ZR 33/10 - ein bahnbrechendes Urteil verkündet. Die vollständigen Entscheidungsgründe sind zwar noch nicht veröffentlicht.

Aus der von dem BGH herausgegebenen Pressemitteilung kann jedoch entnommen werden, dass der BGH mit dieser Entscheidung einen wichtigen Beitrag zum Anlegerschutz geleistet hat und damit sehr wahrscheinlich eine Klagewelle gegen deutsche Banken ausgelöst hat, die in den vergangenen Jahren Zinswetten oder Zins-Währungswetten ihren Kunden angeboten hat.


Bei Swap-Geschäften handelt es sich um eine hoch komplexe Wetten, bei denen erhebliche Verlustrisiken für den Anleger entstehen können. Die Bank wettet gegen den Kunden auf bestimmte Zinsentwicklungen oder Währungskursentwicklungen. Während einer festen Laufzeit eines solchen Geschäfts werden in regelmäßigen Abständen Zinszahlungen zwischen Bank und Kunde ausgetauscht, welche sich an festen oder variablen Zinssätzen ausrichten. Diese Zinssätze können zudem auch in Fremdwährungen berechnet werden. Bei einem Währungsswapgeschäft wird zusätzlich am Ende der Laufzeit ein Tausch zweier Währungen vorgenommen. Hieraus können erhebliche Währungsrisiken für den Kunden entstehen, die zu unbegrenzten Verlusten bei dem Kunden führen können.


Solche Geschäfte in verschiedenster Ausprägung wurden in der Vergangenheit Unternehmen, Gebietskörperschaften aber auch Privatleuten durch deutsche Banken angeboten.


Wie bei anderen Anlageformen auch ist die beratende Bank bei der Empfehlung solcher Swap-Geschäfte zu einer anleger- und anlagegerechten Beratung verpflichtet. Die beratende Bank muss also die Anlagewünsche und Anlageziele des Kunden bei ihrer Anlageempfehlung zugrunde legen. Auch muss es dessen Risikobereitschaft ermitteln und dessen Anlageerfahrungen berücksichtigen.


Daneben muss die beratende Bank die angebotene Geldanlage zutreffend dem Kunden beschreiben. Insbesondere die Risiken sind ohne Verharmlosungen dem Kunden klar und verständlich näher zu bringen.


Nach Auffassung des BGH hat die Deutsche Bank im vorliegenden Falle seine Beratungspflichten verletzt, indem sie den betroffenen Anleger die Risiken eines solchen Swaps nicht zutreffend und umfassend erläutert hat.


Es seien nach Meinung des BGH gerade aufgrund der Komplexität solcher Geschäfte besonders hohe Anforderungen an eine solche Beratung und die darin geschuldete Risikoerläuterung zu stellen. Dem Kunden müsse auf verständliche und nicht verharmlosende Art und Weise klar vor Augen geführt werden, dass das für ihn nach oben nicht begrenzte Verlustrisiko nicht nur theoretischer Natur ist. Dabei müsse, so der BGH weiter, darauf hingewiesen werden, dass das Geschäft für den Kunden ggf. ruinös sein kann und die Bank gleichzeitig lediglich ein begrenztes Risiko mit einem solchen Geschäft eingeht.


Daneben muss die Bank gemäß den Darlegungen des BGH den Kunden über den anfänglichen negativen Marktwert des Swaps aufklären. In diesem negativen Marktwert sei ein schwerwiegender Interessenkonflikt zu sehen, der dem Kunden zu offenbaren sei. Bei solchen Geschäften sichert sich die beratende Bank durch sog. Hedge-Geschäfte ab. Sie verkauft die Risiken aus diesen Geschäften an Dritte und entledigt sie sich nicht nur der Risiken, sondern erzielt einen nicht unerheblichen Gewinn. Durch dieses Vorgehen gestalte die beratende Bank die Risikostruktur des Anlagegeschäfts bewusst zu Lasten des Anlegers. Dieses Verhalten steht im Widerspruch zu den von ihr aus dem Beratungsvertrag zu tragenden Beratungspflichten, die gerade die Wahrung der Interessen des Anlegers vorsehen. Daher ist eine beratende Bank zur Offenlegung dieses Interessenkonflikts gegenüber ihrem Kunden verpflichtet.


Dieses Urteil wird nach Auffassung von Rechtsanwalt Siegfried Reulein, der seit Jahren schwerpunktmäßig Mandanten im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts und auch und gerade Swap-Geschädigte vertritt, Signalwirkung haben. Bislang jedenfalls haben sich Banken in zahlreichen Fällen auf Gerichtsentscheidungen von Instanzgerichten zurückgezogen, die vielfach zu Lasten der geschädigten Anleger geurteilt haben.


Es steht zu erwarten, dass nunmehr auch ein Umdenken nicht nur bei der vorliegenden beklagten Deutschen Bank, sondern auch bei anderen Banken eintreten wird, die in der Vergangenheit sowohl Unternehmen und Gebietskörperschaften, aber auch „einfachen“ Privatleuten derartige hochriskante, spekulative Geschäfte angeboten haben und dabei den nunmehr von dem BGH angestellten Anforderungen an eine zutreffende und umfassende Anlageberatung unter Umständen nicht genügt haben.


Letzteres muss im Einzelfall geprüft werden. Daher ist Geschädigten anzuraten, anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Erfolgsaussichten in Bezug auf ein Vorgehen gegen die beratenden Banken untersuchen zu lassen.


Auf Grundlage dieses Urteils steht in jedem Falle zu erwarten, dass nach dem Lehman-Desaster eine weitere Klagewelle auf deutsche Banken zukommen wird. Insoweit bleibt abzuwarten, ob der Rechtsvertreter der Deutschen Bank AG mit dem von ihm noch nach der mündlichen Verhandlung am 09.02.2011 geäußerten Horrorszenario recht behalten wird. Er meinte, dass im Falle der Verurteilung der Deutschen Bank eine zweite Finanzkrise drohe.


Rechtsanwalt Siegfried Reulein ist Inhaber der KSR | Kanzlei Siegfried Reulein, Pirckheimerstraße 33, 90408 Nürnberg, Telefon: 0911/760 731 10, E-Mail: [email protected], Internet: www.ksr-anlegerschutz.de.


Schwerpunktmäßig ist RA Reulein seit Jahren auf dem Rechtsgebiet des Kapitalanlagerechts, des Bankrechts sowie des Anlegerschutzes tätig. Dort ist er hauptsächlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der Vermittlung von Zertifikaten, der Rückabwicklung von Fondsanlagen aller Art, insbesondere Immobilienfonds, atypisch stiller Beteiligungen sowie mit der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen gegen Banken, Anlagevermittler, Anlageberater und Prospektverantwortliche, auch aus dem Kauf einer Schrottimmobilie und Swap-Geschäften befasst.


 


 


 

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- Nürnberg
Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht
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