Die Abmahnung im Arbeitsrecht

Der Artikel erläutert die Voraussetzungen und Folgen der arbeitsrechtlichen Abmahnung und gibt Tipps, wie Arbeitnehmer sich am besten nach Erhalt einer Abmahnung verhalten.

Was versteht man unter einer Abmahnung ?


Das Institut der Abmahnung hat sich aus der Rechtsprechung entwickelt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 30.05.1996, 6 AZR 537/95) kommt der Abmahnung zweierlei Funktion zu: Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Arbeitnehmer einen Anspruch auf Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Ist der Arbeitgeber der Auffassung, das die Arbeitsleistung nicht wie arbeitsvertraglich vereinbart erbracht wird, kann er eine Abmahnung aussprechen. Mit der Abmahnung weist er den Arbeitnehmer auf seine vertraglichen Pflichten hin, und macht ihn auf die Verletzung seiner Pflichten aufmerksam (sog. Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zeitgleich fordert er den Arbeitnehmer für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, wenn ihm dies angebracht erscheint, rechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (sog. Warnfunktion).


Wann ist eine Abmahnung erforderlich ?


Eine Abmahnung ist grundsätzlich vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber notwendig. Bei der Kündigung aus personenbedingten Gründen ist sie nur dann erforderlich, wenn der Arbeitnehmer den beanstandeten Mangel auch tatsächlich willentlich beheben kann. Ansonsten liefe die Warnfunktion ins Leere. Voraussetzung für die Erforderlichkeit einer Abmahnung ist jedoch stets, dass der Arbeitnehmer unter den allgemeinen Kündigungsschutz nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes fällt (§§ 1, 23 KSchG). Ist dies nicht der Fall, ist eine Abmahnung stets entbehrlich. Entbehrlich ist eine Abmahnung auch immer dann, wenn im Einzelfall eindeutig erkennbar ist, dass die Abmahnung keinen Erfolg nach sich ziehen würde, oder z.B. das Vertrauensverhältnis zu dem Arbeitnehmer endgültig zerstört ist, sofern dieser eine entsprechende Vertrauensstellung inne hatte. Ist die Kündigung ohne eine erforderliche und wirksame Abmahnung ausgesprochen worden, ist sie sozial ungerechtfertigt, und damit nicht wirksam. Zu beachten ist ferner, dass der Arbeitnehmer nicht aufgrund ein und desselben Vorfalls abgemahnt und gekündigt werden kann. Nur ein erneuter Pflichtenverstoß kann zur Kündigung berechtigen, wobei der Grund der Kündigung und das zuvor abgemahnte Verhalten gleichartig sein müssen. Gleichartigkeit liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der Abmahnung hätte klar sein müssen, dass der Arbeitgeber das Verhalten, auf das er die Kündigung stützt, nicht ohne Sanktionen dulden und hinnehmen muss.


Wie hat eine wirksame Abmahnung auszusehen ?


Im Rahmen der Abmahnung hat der Arbeitgeber bestimmte Formalien zu beachten. Zum einen muss aus dem Inhalt der Abmahnung eindeutig das beanstandete Verhalten hervorgehen, damit der Arbeitnehmer ohne Zweifel erkennen kann, welchen konkreten Pflichtenverstoß der Arbeitgeber rügt. Der Sachverhalt muss durch den Arbeitgeber so genau dargestellt werden, dass der Arbeitnehmer zu den Vorwürfen Stellung beziehen kann. Zum anderen muss aus dem Inhalt der Abmahnung eindeutig hervorgehen, dass sich der Arbeitgeber mit dem Verhalten des Arbeitnehmers nicht einverstanden erklärt, und der betroffene Arbeitnehmer im Wiederholungsfalle mit der Ergreifung weiterer arbeitsrechtlicher Schritte durch den Arbeitgeber rechnen muss. Nicht erforderlich ist hierbei, dass der Arbeitgeber eine konkrete Maßnahme benennt. Zu beachten ist jedoch, dass dem Arbeitnehmer für eine wirksame Abmahnung die Verletzung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten nicht subjektiv vorwerfbar (im Sinne eines Verschuldens) sein muss, sondern es ausreicht, wenn der Arbeitgeber einen objektiven Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten rügt. Die Abmahnung unterliegt keinem Formzwang, und kann daher mündlich als aus auch schriftlich ausgesprochen werden. In der Regel wird der Arbeitgeber jedoch die Schriftform wählen, um im Streitfalle nicht in Beweisnot zu geraten.


Wer kann abmahnen ?


Abmahnungsberechtigt ist grundsätzlich jede Person, die zur Ausübung des Direktionsrechts befugt ist, d.h. das Recht inne hat, über Ort, Zeitpunkt und Arbeitsweise zu bestimmen. Wirksam abmahnen kann daher nicht nur der Arbeitgeber selbst, sondern auch die Personen, an die er sein Direktionsrecht delegiert hat und die somit gegenüber dem Arbeitnehmer weisungsbefugt sind.


Möglichkeiten des Arbeitnehmers nach Erhalt einer Abmahnung ?


Eine Abmahnung stellt immer eine mißbilligende Äußerung des Arbeitgebers dar, und ist daher geeignet, den Arbeitnehmer in seinem beruflichen Fortkommen und seinem Persönlichkeitsrecht zu beeinträchtigen. Der Arbeitnehmer kann daher vom Arbeitgeber die Beseitigung einer zu Unrecht ergangenen Abmahnung und deren Entfernung aus der Personalakte verlangen (BAG, Urteil vom 05.08.1992, 5 AZR 531/91). Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen des Arbeitnehmers nicht nach, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden. Der Anspruch besteht insbesondere dann, wenn die Abmahnung formell nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, sie unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, das Verhalten des Arbeitnehmers rechtlich unzutreffend bewertet wurde, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wird, oder kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers am Verbleib der Abmahnung in der Personalakte mehr besteht.


Ferner sieht das Betriebsverfassungsgesetz ein Recht auf die Abgabe einer Gegendarstellung und einen Anspruch auf deren Aufnahme in die Personalakte vor (§ 83 Abs.2 BetrVG). Auch steht dem betroffenen Arbeitnehmer ein Beschwerderecht bei dem zuständigen Betriebsrat zu (§§ 84, 85 BetrVG).


Abmahnungen können auch im Laufe der Zeit ihre Wirkung verlieren. Feste Fristen gibt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht vor, entscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Wird die Abmahnung durch Zeitablauf wirkungslos, kann auch hier der Arbeitnehmer verlangen, dass eine ursprünglich berechtigte Abmahnung aus der Personalakte entfernt wird. Bei durchschnittlich gelagerten Pflichtenverstößen sollte eine Frist von zwei bis maximal drei Jahren ausreichen.


Wichtig: Der Arbeitnehmer kann auch untätig bleiben, er muss nach Erhalt der Abmahnung nicht reagieren. Es reicht aus, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen eines späteren Kündigungsschutzprozesses vorträgt, die Abmahnung sei unberechtigt gewesen. Der Arbeitnehmer wird somit nicht gezwungen, das Arbeitsverhältnis vorzeitig zu belasten. Auch aus prozesstaktischen Gründen kann es sinnvoll sein, die Berechtigung der Abmahnung erst im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens überprüfen zu lassen, ohne an den Vortrag in einem vorangegangenen Verfahren gebunden zu sein. Die Entscheidung, welche Maßnahmen der Arbeitnehmer sinnvollerweise ergreift, hängt wesentlich von den Umständen im Einzelfall, insbesondere dem Verlauf des einzelnen Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Abmahnung, ab.

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Rechtsanwältin Krefeld

Autorin

- Krefeld
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Rechtsanwältin Parwin Schausten - Krefeld

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