Telefonieren am Steuer

'Benutzen' eines Mobiltelefons am Steuer – wie weit reicht das 'Handy-Verbot'


Immer wieder kommen Mandanten in die Kanzlei, bitten um Hilfe und teilen mit, dass sie im Auto mit dem Mobiltelefon in der Hand „erwischt“ worden sind, als sie zum Beispiel eine Kurznachricht gelesen, auf die Uhr im Handy geschaut oder die Kalenderfunktion des Mobiltelefons genutzt haben. Obwohl sie nicht telefonierten, haben sie einen Bußgeldbescheid über 40 €, sowie einen Punkt in Flensburg erhalten. In einigen dieser Fälle kann dem Betroffenen geholfen werden, rechtzeitiges Handeln jedoch vorausgesetzt.

1.
Grundsätzlich ist einem Fahrzeugführer, also auch einem Radfahrer (!), nach § 23 Absatz 1a StVO die „Benutzung“ eines Mobiltelefons unter Androhung eines Bußgeldes untersagt.
Während Radfahrern ein Verwarngeld in Höhe von 25 € angedroht ist, müssen Autofahrer mit einem Bußgeld von 40 € und einem Punkt in Flensburg rechnen.
Auf die Frage, was unter „Benutzung“ eines Mobiltelefons zu verstehen ist, liefert das Gesetz jedoch keine Antwort. Die Entscheidung hierüber bleibt den Bußgeldbehörden und Ge richten vorbehalten. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass hier die unterschiedlichsten Entscheidungen getroffen wurden und wohl auch noch getroffen werden. Vor allem vor dem Hintergrund des ständig zunehmenden Funktionsumfangs der Mobiltelefone kann auch in naher Zukunft von einer einheitlichen Rechtssprechung und damit von Rechtssicherheit nicht ausgegangen werden.
Sicher ist nur, dass das eigentliche Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung, dass heißt mit dem Mobiltelefon in der Hand und am Ohr, bußgeldbewehrt ist.
Beim Nutzen der anderen Gerätefunktionen soll es darauf ankommen, „wie sehr der Fahrzeugführer vom Geschehen abgelenkt ist und nicht beide Hände für die Bewälti- gung der Fahraufgabe frei hatte“.
Manche Gerichte sehen es deshalb als ordnungswidrig an, wenn ein Mobiltelefon zum Ablesen einer Notiz in die Hand genommen wird, wenn eine Nummer von einem privaten Mobiltelefon abgelesen wird, um sie in das mit dem Betriebsfahrzeug fest verbundene Telefon einzugeben oder wenn ein Mobiltelefon ohne SIM- Karte als Diktiergerät genutzt wird. Darüber hinaus soll es sogar verboten sein, das Mobiltelefon nur aufzunehmen, um die Uhrzeit vom Display abzulesen.
Dass das Ablesen einer Armbanduhr es ebenfalls erfordert, eine Hand vom Lenkrad zu nehmen und der Fahrer dann auch nicht beider Hände am Steuer hat, ist unbeachtet geblieben.
Gerade die letztgenannten Entscheidungen sind jedoch mit dem Willen des Gesetzgebers unvereinbar, denn aus der Begründung des Gesetzes ergibt sich nicht der Wille des Gesetzgebers die Nutzung aller Handyfunktionen zu untersagen.
Während das Telefonieren selbst und die Nutzungen von Funktionen mit Datenaustausch (versenden von Kurznachrichten, Nutzen von Internetangeboten) ausdrücklich in der Gesetzesbegründung als Benutzen eines Telefons hervorgehoben sind, blieben die anderen Funktionen eines Mobiltelefons (Kalender, Notizbuch, Diktiermodus oder Uhr) unerwähnt.
Wenn die Gerichte also die Nutzung dieser Funktionen mit Bußgeldern ahnden, so ist dies nicht mehr vom Gesetz gedeckt und geht damit eindeutig zu weit.
Dies gilt insbesondere deshalb, weil die Benutzung eines Handdiktiergerätes, eines Mini-Computers, eines Navigationsgerätes oder ähnlich gearteter Geräte nicht verboten sind, die Bußgeldbehörden und die Gerichte jedoch die Nutzung derartiger Funktionen nur deshalb mit einem Bußgeld ahnden, weil diese Funktionen in einem Mobiltelefon integriert sind.

2.
Wenn also ein Bußgeld wegen der Nutzung einer Mobiltelefonfunktion, die nicht auf Datenaustausch gerichtet ist, verhängt wird, lohnt es sich durchaus hiergegen vorzugehen.

Mitgeteilt von RA Daniel Trautwein, August Bebel Straße 08, 06766 Wolfen
Tel.: 03494/ 69 99 231; Fax.: 03494/ 69 99 232; www.RA-Trautwein.de

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